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Freitag, 23. September 2011

Kourosh Yaghmaei - Back From The Brinks

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Back From The Brink (2011)
Wie engstirning und von uns selbst eingenommen wir manchmal die Welt betrachten, ist mir einmal mehr aufgefallen, als ich mich bei meinem ersten Gedanken zu Kourosh Yaghmaei's "Back From The Brinks" ertappte. Ich dachte doch tatsächlich, dass ich es vorher nicht für möglich gehalten hatte, solch spannende und irgendwie auch neuartige Musik aus einem "so" fernen Land wie dem Iran zu entdecken. Doch warum bildete ich mir überhaupt ein, eine Art "Vormachtsstellung" zu haben? Wahrscheinlich aus der üblen Gewohnheit heraus, dass man als Europäer meint, eigentlich alles zu kennen. Und zurecht fühlte ich mich schlecht.
Kourosh Yaghmaei ist einer der spannendsten Musiker, der mir jemals begegnet ist. Lange Zeit durfte seine Musik nicht gespielt werden, nach der iranischen Revolution 1979 durfte er 17 Jahre auch gar nicht mehr auftreten. In diesem Jahr wurde nun seine Musik neu veröffentlich und wird hoffentlich viele Menschen so begeistern, wie sie mich begeistert. Denn auch wenn ich der persischen Sprache nicht mächtig bin, bilde ich mir ein, Kourosh Yaghmaei zu verstehen - durch seine Musik.
Um wortwörtlich zu verstehen, was Yaghmaei in seinen Liedern auf "Back From The Brink" (welch ein passender Titel für ein Album eines Musikers, der selbst bei der jetzigen Veröffentlichung im Iran keine Werbung für seine Musik machen durfte und dessen Musik immer noch nicht in der Öffentlichkeit gespielt wird) singt, reicht ein Blick in das Booklet, in dem die Texte seiner Musik erklärt werden.
Es war erstaunlich, wie viel man schon verstand, bevor man diese Texte auch nur gelesen hat und es ist unglaublich wundervoll zu sehen, wie Musik auch ohne Worte sprechen kann und vor allem, wie dieser Mann seine Liebe zur Musik behalten hat, wie er - trotz allem - nicht aufgegeben hat und nun zumindest seine eigene Musik hoffentlich die Anerkennung (auch außerhalb des Irans) bekommt, die sie verdient. Denn Kourosh Yaghmaei macht Musik, wie man sie eigentlich nicht beschreiben kann, singt Lieder, wie man sie vorher noch nicht gehört hat. 
Sein bekanntestes Lied ist "Gole Yakh", ein großer Hit im Iran, bevor seine Musik nun einmal verboten wurde. Der Text zum Lied ist von einem Schulfreund Yaghmaeis, es ist ursprünglich ein Gedicht, das er sozusagen vertont hat. Und genau darin liegt seine Kunst  -  zumindest empfinde ich es so, als ein Mensch, der seine Sprache nicht versteht und sich wohl zuallererst auf die Melodie einlässt, wie es vielleicht bei Liedern, die man direkt versteht, anders ist, da der Text manchmal auch zu sehr ablenkend sein kann.
Doch wenn man erst einmal diese herzzerreißende Melodie gehört hat, sich auf seine Stimme einlässt und meint zu verstehen, dass Kourosh Yaghmaei da von sehr traurigen, leidvollen Erlebnissen singt, so ist es schwierig, sich seiner Musik wieder zu entziehen. Und warum sollte man das auch. 

Im Booklet seines Albums "Back From The Brink", das mehr wie ein kleines Buch gestaltet ist, kann man nun folgendes zum Inhalt von "Gole Yakh" lesen:
"This song is about someone who has lost his youth and even his voice. He feels lonely and sad, but even with all his disilliusionment he falls in love. He compares the beautiful eyes if his beloved to his own sorrow and her long black hair to his long, lonely nights. He describes his sorrowful heart as a place for growing sweet winter flowers because he has lost his youth and his heart is cold and lonely. And the sweet winter flowers that blossom in the cold winter is a comparison to the love that grows in his old, cold heart."
Die meisten der Lieder, die auf "Back From The Brink" zu finden sind, handeln von Liebe, Einsamkeit aber auch der Einsicht, dass wenn man seine Liebe gefunden hat, man auch den richtigen Platz gefunden hat. Auch sind die meisten Lieder um Gedichte gestrickt, die entweder Yaghmaei oder andere Personen geschrieben haben. Und bei all der Traurigkeit, die diese Lieder widerspiegeln, so merkt man ihnen doch auch ihre Sehnsucht an. Ihre Sehnsucht danach, gespielt zu werden, gehört zu werden und die Sehnsucht des Musikers, endlich wieder das machen zu dürfen, was er machen möchte. Selbst wenn diese Lieder noch aus einer Zeit vor ihrem Verbot stammen. Sie scheinen es irgendwie geahnt zu haben.
Und vor allem hört man diesen Liedern ihre Experimentierfreudigkeit an. Denn was Kourosh Yaghmaei macht, ist eigentlich so simpel und doch muss man erst einmal darauf kommen: er vereint traditionell iranische Instrumente oder Folklore-Melodien mit psychedelischem Rock. Er hat damit eine Verbindung von zwei Musikstilen geschaffen, die für sich allein genommen schon interessant und spannend genug sein könnten - doch so vereint, wie in seinen Liedern, sind sie noch faszinierender, noch spannender und einfach wunderschön.
Natürlich hört man hin und wieder den Einfluss westlicher Rockbands heraus, die ihren Teil dazu beigetragen haben, dass Kourosh psychedelische Gitarrenmusik mit traditioneller Musik zusammenbringt. Doch eigentlich hört man da nur etwas (für unsere Ohren) Neuartiges, das begeistert. Und man mit der Erkenntnis zurückbleibt, dass der eigene Horizont noch so viel zu entdecken hat, das man sich eigentlich nicht sicher sein sollte, viel zu kennen oder zu wissen. Und auch mit dieser Bewunderung für den Mann, der so unvereinbar scheinende Dinge zusammenbringt und sich nicht unterkriegen lässt, auch dann nicht, wenn man ihm das verbietet, was er am meisten liebt: Musik.


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