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Dienstag, 20. September 2011

Kleinode deutschsprachiger Musik (21): Die Doraus & Die Marinas - Tulpen und Narzissen (1981)

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In einer losen Serie stelle ich Werke vor, die vordergründig eines gemeinsam haben: Sie wurden in deutscher Sprache verfasst. Das alleine ist natürlich keinerlei Qualitätskriterium. Nein, mich interessiert ein kreativer Umgang mit selbiger.

Andreas Dorau & Die Marinas
Wir basteln uns ein eingängiges, zeitloses Lied.

Das zeitloseste aller Themen ist natürlich die Liebe. Die kann glücklich oder unglücklich sein. Wir wählen unglücklich. Zum inhaltlichen Teil kommen wir dann gleich wieder zurück, aber vorher die Musik.

Der Rhythmus ist schnell gemacht, einfach auf irgendwas rumklopfen. Dann noch ein paar monotone Noten auf dem Bass dazu gezupft und auf der Gitarre durch einige runter und rauf-Versuche auf der Tonleiter eine schöne, simple und eingängige Melodei mit aufgenommen. Soundeffekte hübschen das ganze auf, sind aber optional. Die Gesangsmelodie ist auch noch zu finden.  Entweder sie spukt schon im Gehirn rum (kann auch recycelt werden, schließlich war jedwede Tonfolge schon in irgendeiner Weise da), oder man wählt eine Herangehensweise ähnlich der Gitarrenmelodie über simple Tonleiterabfolgen. Gut kommt auch immer ein Hintergrund-Lalala oder DooWoop mit Sängerinnen.

Kommen wir zurück zum Text. Was muss man beachten? Ganz wichtig ist auch hier, wie schon bei der Musik, die Eingängigkeit, d.h. nicht allzu kompliziert und mit möglichst vielen Wiederholungen, sodass der Text am besten schon beim ersten Hördurchgang hängen bleibt.

Bis jetzt war alles Musikerhandwerk bzw. das einfache Trial-And-Error-Prinzip. An dieser Stelle trennt sich nun Möchtegernspreu von Künstlerweizen. In unserem Beispiel handelt es sich erfreulicherweise um Künstlerweizen. Es wurde das Bild eines momentan enttäuscht liebenen Protagonisten gewählt, welcher alleine im Keller sitzt und anhand der wissenschaftlich anerkannten Blumenzupfmethode versucht herauszufinden, ob die von ihm begehrte Person Avancen erwidern würde.

Der schwierigste Moment ist die Wortfindung für das, was passieren soll. Es muss ordentlich auf die Emotionsrezeptoren zielen, weswegen das Wort 'allein' auf jeden Fall häufig vorkommen muss. Die Blumen, an denen gezupft können benannt werden - in dem Fall dann 'Tulpen & Narzissen', und, weil es so depressiv klingt, wird auch gleich betont, dass die Blumen ja das einzige sind, was man hat. Ansonsten beschreibt unser Beispieltext nur die Handlung:
Tulpen und Narzissen sagen "Ja", sagen "Nein", sagen "Ja".
 Ich sitz' hier im Keller und hab' nur die Blumen.
Das ist im Grunde unser ganzer Text, der dann noch ergänzt und abgewandelt wird, damit es nicht zu eintönig wirkt, denn das würde den Hörer eher nerven als fesseln.

Eine Ergänzung ist in dem Fall:
"Nein" zur Liebe, "Ja" zum Spiel.
Ebenfalls benutzt wird eine Abwandlung des ersten Satzes:
Tulpen und Narzissen können weinen, können lachen, können weinen.
Wenn das alles zusammen aufgenommen ist, ist das Lied auch schon fertig.


So stelle ich mir den Entstehungsprozess vor. Vermutlich war alles ganz anders und natürlich ist es alles andere als leicht ein gutes Lied zu schreiben, sonst gäbe es davon viel mehr.

Andreas Dorau beherrscht den inhaltsschweren Minimalismus wie kaum einer sonst. Auch wenn es am Ende bei ihm immer so simpel wirkt, so muss doch die Enstehungsgeschichte sehr schwer und voll kreativer Energie sein.

Tuplen & Narzissen erschien 1981 auf dem Album Blumen und Narzissen, genau genommen unter dem Bandnamen Die Doraus & Die Marinas. Das Lied ist eines meiner Lieblingslieder aus der NDW-Zeit, weil es eben so sehr reduziert doch alles Wesentliche transportiert und nicht mit dem ganzen produktionstechnischen Blendwerk arbeitet, mit dem man sonst so oft zugeballert wird.

Link zum Lied auf Youtube

Es gibt auch ein Musikvideo dazu, aber leider ist der Ton unanhörbar:

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