Tante Pop

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Die Abenteuer der Tante Pop 2011-2016. Powered by Blogger.

Montag, 25. April 2016

Die L'age D'or-Videoschatzkiste

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Wann mag wohl der Zeitpunkt sein, an dem alle 80er und 90er Jahre Videoschätze auf Youtube zumindest für die 10er gesichert und dem großen Publikum zur Verfügung gestellt sein werden? Clips, die die Welt in den 90ern mangels Rotation auf den Musiksendern kaum gesehen hat, liegen auf dem digitalen Silbertablett. Auch im Jahr 2016 überraschen plötzliche Wiederveröffentlichungen. Wir reden von L'age D'or, dem überguten Hamburger Indielabel, das so gegen 2007 seine Restbestände verramscht und die Pforten geschlossen hat. Die Untoten haben jetzt einen Youtube-Channel, und der kann sich sehen und hören lassen.

Dabei sind einige ganz gut bekannte Videos, wie 'Universal Tellerwäscher'. Manche weniger bekannte tauchten in den vergangenen Jahre auch mal im Internet auf, aber einige feiern ihre Premiere im Internetzeitalter.

Besonders schön sind die alten Schätze von Die Regierung, bzw. Tilman Rossmy, dessen Bedeutung für die Musiklandschaft immer wieder betont werden muss. Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs haben in den 90ern ein paar schöne Noir-Aufnahmen vom Nachwende-Berlin verarbeitet, und die Fink-Videos erinnern mal wieder daran, dass Nils Koppruch fehlt.

Stella, Aeronauten, Von Spar, Schorsch Kamerun etc. - die Schatzkiste wurde mit allerlei hübschen Videos gefüllt, und wartet darauf rauf und runter gestreamt zu werden.

Die (momentane) Lieblingsentdeckung ist allerdings 'Penis' von Das neue Brot.



Mittwoch, 20. April 2016

Funkelnagelneu: "No Spook" von Charlotte Cornfield

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Musikvideos, in denen einfach nur 'performt' wird, sind ja meistens so medium. Hier wird die Rolle weiter gereicht und garniert mit nostalgischen Super-8-Filmchen. Das Video hat eine bezaubernde Schönheit, die wir natürlich verbreiten wollen. Auch soll auf das neue Album namens Future Snowbird von Charlotte Cornfield aufmerksam gemacht werden, das es überall in diesem Internet zu kaufen und zu streamen gibt.

Samstag, 2. April 2016

Danny Dziuk - Wer auch immer, was auch immer, wo auch immer

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„Beim Namen fängt's an, schon der ist nicht klar.“ Ja, stimmt tatsächlich. Herr Dziuk klagt dieses Leid singend auf seinem neuen Album, und selbst unsereins als langjähriger Fan muss an dieser Stelle gestehen, wirklich sehr viele Jahre bei der Aussprache falsch gelegen zu haben. Korrekt wird es [ʤʊk] gesprochen, ungefähr.

Lange hat er sich Zeit gelassen für neue Soloambitionen. Was viele Menschen nicht wissen – auf dem letzten Album Freche Tattoos auf blutjungen Bankiers erschien mit 'Mein schönes Berlin' das mitunter beste Lied über die hippe Berliner Gegenwart im 21. Jahrhundert (City-West nicht inklusive), und 'Halber Staat' ist eines der smartesten Statements zur rechten Gewalt in Deutschland. Aber das war das letzte Album, richten wir lieber den Blick und unsere Erwartungen gen Wer auch immer, was auch immer, wo auch immer. Auch hier geht es recht politisch zu. 'Halber Staat' erfährt seine Fortsetzung im flotten 'Ja, man darf (Demokratie)', das an Menschen adressiert ist, die behaupten, dass diverse Dinge nicht gesagt werden dürfen.
Und ja, man darf
Man darf in diesem Land beinah alles sagen
Nur muss man aber dann auch das Echo ertragen

Herauszuposaunen, wonach sie alle giern
Dabei aber selbst sich als Opfer aufzuführn
Und unterdrückte Mehrheit, die sich ja nur wehrt
Gegen gender-linke böse Mächte
Und verkehrt sich auch die ganze Welt gegen sie – egal – hat sich halt verschworn
Sie ha'm halt keine Wahl und müssen immer nur Rattenfängern nach ins Gestern
Das Lied würde eine gute Single hergeben. Heavy Rotation auf Antenne Brandenburg, die Vorstellung ist zu gut. Der Belehrung zum Thema Demokratie schließt sich die selbst erklärende (fast) Solopiano-Utopie 'Arschlochfreie Zone' an. Viel Text, viel Pamphlet, aber zum Schunkeln.

Eine weitere gesellschaftliche Großbaustelle darf nicht fehlen – 'Berliner Straße' und 'Zu groß, um zu scheitern' beklagen die allbekannten Zwänge und Dogmen des Kapitalismus. Letzteres bietet nochmal einen schönen Berlin-Moment, der auch gut zu 'Mein schönes Berlin' gehören könnte.
Glaub, ich dreh mal ne Runde um's Tempelhofer Feld
All die Drachen am Himmel, all das fehlende Geld
Und dieser Hauch von Eden
Auf das es keinerlei Hoffnung für jeden gibt, der denkt, er sei zu groß, um zu scheitern.
Danny Dziuk macht aus dem prekären, aber freigeistigen Künstlerleben feinsinnige Popsongs, die auch mal in Liebeserklärungen und zwischenmenschliche Sehnsüchte abgleiten. Die befinden sich durchaus das ein oder andere Mal in der Grauzone zur Schmalzigkeit, aber immer elegant getextet. Ein besonders schönes Beispiel ist 'Shakespeare-Himmel (überm Zaun)', mit der schon von eben jenem ausführlich bearbeiteten Problematik der Eifersucht. Es ist der Emo-Moment des Albums.
Sag mir wer, was soll ich machen?
Kann hier wer die Zukunft sehn?
Sollt ich heulen oder lachen?
Oder zu meinem Pailletten-Mädchen gehen?
Gib mir'n Samariter-Kuss, ich nähm ihn gern grad.
Stellt sich doch das Problem nicht: wie lang muss ich warten, sondern wie lang kann ich noch.
Zum Glück macht er am Ende des Liedes nicht den Werther. Das mag auch beim düsteren 'Borderline' der Gedanke sein. Das Drama schwingt sehr laut mit, und so ein bisschen stellt sich das Gefühl ein, welches Rio Reiser auf seinem Album Himmel & Hölle mit dem 'Eislied' verarbeitet hat.

Insgesamt hält das neue Album eine schöne Balance aus kleinen und großen Dramen und Freuden. Dystopie und Utopie, alles in zwölf Lieder verpackt. Die teilweise sehr autobiografische Schreibe des Danny Dziuk (DSCHUCK!), ob über das Tourleben oder missverstandene Charaktereigenschaften, mixt sich sehr gut mit der Betrachtung der Dramen anderer.

Freudig erwarten wir schon das nächste Danny Dziuk-Album, das hoffentlich irgendwann vor 2024 erscheint. Abschließend soll nochmal 'Alien', das schön schwofige Wie-spricht-man-den-Namen-aus-Lied, zitiert werden.
Auch hab ich nie – wie's sonst zum Mucker heut dazugehört
Als erstes Jura oder auch nur BWL studiert
Da steh ich auf'm Schlauch
Und ich trink und ich rauch
Wie jeder andere coole Alien auch

Mh, kenn' Sie denn ansonsten außer mir keinen Alien?
Die sind nur froh im Anderswo
Und fressen Stacheldraht am liebsten roh
Und sagen sowas auch nicht einafch so
Und reimen freundlch wie ein...Känguro!

Wer auch immer, was auch immer, wo auch immer erscheint am 08. April 2016. Alles zum Album bei dziuks-kueche.de, oder (natürlich) bei Facebook.