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Freitag, 9. Dezember 2011

Kleinode deutschsprachiger Musik (32): Parole Trixi - Seid gegrüßt! (2002)

1 Kommentar :
In einer losen Serie stelle ich Werke vor, die vordergründig eines gemeinsam haben: Sie wurden in deutscher Sprache verfasst. Das alleine ist natürlich keinerlei Qualitätskriterium. Nein, mich interessiert ein kreativer Umgang mit selbiger.

Parole Trixi
Feminismus und Genderdiskussionen gibt es ja auch nicht erst seit Gestern. Ich bin nie in die Tiefen der Feminismustheorien eingedrungen, aber aus meiner schlichten Perspektive sind es verschiedene Ebenen, die nacheinander entstanden und aufeinander aufbauen. Bevor man also über etwas in dem Bereich diskutiert, sollte vielleicht vorher eine Klarheit herrschen, auf welcher Ebene man sich befindet. 

Sicherlich steht am Anfang der grundsätzliche Kampf um die Mündigkeit und gesellschaftliche Teilhabe, gefolgt von der gesetzlichen Gleichstellung hin zur gesellschaftlichen Gleichstellung bis zur Auflösung der Geschlechterfrage als Kriterium. Ein belebendes Beispiel sind Quotenregelungen. Je nach Ebene macht das entweder Sinn oder kein Sinn - ein Dilemma, und Anlass zu kontroversen Diskussionen unter Menschen, die eigentlichen die selben Ziele haben.

Um mal zum Punkt zu kommen: Parole Trixi war eine Band, die sich um die Jahrtausendwende mit allerlei Problemen der eigenen Jahrgänge befasste. Also nicht mit dem überwiegenden Teil des RTLII-Prekariats, sondern unter ihresgleichen, aber das ist ein allumfassendes Problem der 'Bildungsbürgerkaste'. Es geht um Gentrifizierung, Zeitgeist, Zwischenmenschliches und eben auch Geschlechterrollen. In 'Seid gegrüßt!' wird die mangelnde Bereitschaft zur konsequenten Weiterführung des Feminismus beklagt. Schlimmer noch - das Thema scheint völlig aus dem Fokus geraten, und damit einhergehend alte Geschlechterrollen in 'modernen' Formen aktueller denn je.

Als Beispiel dienen Magazine - sowas wie 'Frau von Heute' und Konsorten vs. die etablierten Musikmagazine. In der Wahrnehmung der Autorin manifestieren sich gerade dort, aber natürlich auch ganz allgemein in der Gesellschaft eben jene neuen Rollenklischees, die modern daherkommen und doch auf Zementierung der unterschiedlichen Geschlechterrollen beruhen. Besonders gefällt mir die Feststellung, dass die gängigen Musikmagazine von Männerklischees dominiert werden und den Lesern genau sowas als Role Models vorsetzen. Wer von euch eines dieser Magazine in Griffreichweite hat - einfach mal aufschlagen und darüber nachdenken, ob nicht ein bestimmtes Klischee der Männer-Rockband dominiert. Die Katze beißt sich natürlich in den Schwanz, denn das ist es, was der Großteil der Leser dank genau dieser Konditionierung lesen möchte. Trotz lobenswerter Ausnahmen dominieren auch im Jahr 2012, 10 Jahre nach Veröffentlichung des Parole Trixi-Albums, die gleichen Klischees die 'Frauen- und Männerzeitschriften'.

Keine Wunder das Sängerin Sandra Grether, heute in der wunderbaren Band Doctorella, damals schon im Text resignierte und nur noch missgünstig wünschte, dass die betreffenden Menschen es irgendwann bereuen würden, wenn "alles nur noch aus Klischees besteht."

Viel hat sich seitdem nicht getan, zumindest nicht im Mainstream. Ich persönlich halte nicht viel von Quoten, da ich das auch als Zementierung der Geschlechterunterschiede empfinde (außerdem müssten man dann gerechterweise alles mögliche quotieren, nicht nur das biologische Geschlecht. Und das kann nicht funktionieren - mal abgesehen davon ist durch Erhöhung der Quote von Menschen mit biologisch weiblichem Geschlecht noch garnichts gewonnen, siehe Angela Merkel, Condoleeza Rice, Maggie Thatcher und andere traurige Beispiele). Da der Mensch, auch der noch so mündigste und freidenkenste, immer durch das soziale Umfeld beeinflusst wird, halte ich Role Models für eine der besten Varianten. Vielleicht schafften es Band wie Parole Trixi tatsächlich die eine oder andere Person zu erreichen, die dann zum Beispiel Kunst ohne Rollenklischees macht. Das sind nur Tippelschritte, aber mehr scheint nicht drin zu sein. Letztendlich werden sich wohl die Lebenswirklichkeiten in der Gesellschaft weiter ausdifferenzieren und man muss damit leben, dass viele althergebrachte und neue Rollenbilder nicht aus den Köpfen der meisten Menschen zu bekommen sind.

Man könnte das Lied auch sehr viel präziser und weitaus kürzer zusammenfassen:
Der Song ist eine Anklage gegen Magersucht, einengende Schönheitsideale und die medialen Anpassungsrituale, denen junge Frauen in besonderem Maße ausgesetzt sind.Und für: Selbstbewußtsein, Genuss, Leidenschaft und Kreativität. Und dafür seinen eigenen Weg zu gehen, egal was die anderen denken.
Quelle: www.lauraosswald.de/hoerspiel1.htm

P.s: Das tollste an dem Video ist die Ansage von Charlotte Roche. Der Zenit der Musikfernsehens - mit genau solchen wertvollen Bands wie Parole Trixi im TV, als es noch kein Youtube gab.


Ich gehe durch die Straße
zu 'nem Gemüseladen
An der Ecke der Plattenladen
kann mir leider nichts mehr sagen.
Denn meine momentanen Gemütsballaden
handeln nur noch von SCHOKOLADE!

Seid gegrüßt
"Junge Frauen von heute!"
Ich hoffe irgendwann bereut ihr's,
wenn alles, was ihr seht,
nur noch aus Klischees besteht.

Ich gehe durch die Straße,
weil ich die neue Ausgabe
von einem Magazin für die 
"Frauen von heute" haben will.
Denn da gibt's dieser Tage 
wieder wirklich sagenhafte Tipps
zur Anpassung bei Anwendung:
FÜR IMMER STUMM!

Ich stehe auf der Straße
lieber als in der neuen Ausgabe
eines dieser Musikmagazine
mit Wissenschaft für Männerspleene.
Denn da geht's dieser tage
unbeherzt nur um die Frage
wie sich priviligierte Typen
weiter ihre
PLÄTZCHEN SICHERN!

Seid gegrüßt
"Junge Männer von heute!"
Ich hoffe irgendwann bereut ihr's,
wenn alles, was ihr seht,
nur noch aus Klischees besteht!

Ich gehe durch die Straße
und weiß nicht mehr wohin.

1 Kommentar :

  1. danke für den tipp!

    das video und das lied sind spitze, ich würde mich auch als FEministin bezeichen und freue mich, dass endlich mal jemand über die sexistishcen männerzeitschriften singt, auch wenn es schon 10 jahre her ist...

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