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Samstag, 30. Juli 2011

30 years of MTV - eine Evitkepsorter

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Nirvana, Ulmen, Geld = MTV
Angefangen hat alles mit einem recht unbedeutenden wirklich schlechten Pay-TV-Sender, der den ganzen Tag Reality-Shows, Serien und Comedy-Formate zeigte und mit Musik wenig am Hut hatte - es wurden höchstens Nachts und am frühen Morgen Musikclips und eigene produzierte Formate, wie z.B. brand:neu gezeigt.

Um mehr Leute zu erreichen wurde man bald zum frei empfangbaren Kanal, der sich rasch immer größerer Beliebtheit erfreute. Besonders gut wurden die Musiksendungen angenommen, weshalb immer mehr davon ins Programm aufgenommen und dafür die meisten Dokusoaps gestrichen wurden. Auch diese wurden durch immer bessere Formate ersetzt, z.B. Unter Ulmen.

Das Highlight der MTV-Idee ist das musikgeschichteschreibende Format MTV Unplugged. Als erster deutschsprachiger Künstler durfte Udo Lindenberg in Hamburg in dem Rahmen vor 300 leuten spielen. Ihm folgten Showgrößen wie die Sportfreunde Stiller, Die Toten Hosen, Die Ärzte, und Die fantastischen Vier. Als letzter vor dem Niedergang von MTV Germany trat Herbert Grönemeyer auf.

Nach einigen Jahren bestand das Programm nur noch aus Musikvideos und moderierten, z.T. interaktiven Musiksendungen.  MTV hatte seinen Zenit erreicht. Danach ging es bergab. Die Quoten sanken. Aus Kostengründen wurden die europäischen Regionalableger zu MTV Europe zusammengelegt und ein gemeinsames Programm gemacht, was allerdings die ganzen regionalen Vorlieben nur unzureichend abdeckte und deswegen letztendlich auch immer schlechter angenommen wurde.

Die Unpluggeds waren ab dieser Zeit ebenfalls nur noch internationalen Stars vorbehalten. Legendär wurde der Unplugged-Auftritt von Nirvana. Trotzdem sanken die Quoten konstant nach unten, sodass die Unplugged-Reihe eingestellt werden musste. Als letzte Band hatten Aerosmith die (unverdiente) Ehre.

Ein paar Jahre später war MTV Europe, nachdem es schon mehr und mehr ein anglophiles Erscheinungsbild angenommen hatte,  nicht mehr tragbar und wurde abgeschaltet. Nun blieb den Fans nur noch MTV Networks, der US-amerikanische Ableger.

Eine weitere Errungenschaft von MTV waren die Video Music Awards - kurz VMAs - die seit Sendestart jährlich verliehen wurden. Sie genossen in der kapitalorienierten Musikwelt große Bedeutung, denn das Gewinnen des Preises und / oder ein Auftritt bei den Awards war aus marketingtechnischer Sicht Gold wert. Durch den Quotenniedergang blieben allerdings die Werbepartner aus, und auch für die Industrie machte es immer weniger Sinn in gute Videos zu investieren. Schließlich musste man auch die Awards einstellen, da sie nicht mehr refinanzierbar waren.

MTV verkleinerte sich weiter, um sich ganz der Kernidee zu verschreiben, nämlich Musikvideos zu zeigen. Dafür wechselte man wieder ins Kabelfernsehen, da eine Satellitenaustrahlung nicht mehr als lohnenswert erschien und man lieber ein sehr spezifische Zielgruppe ansprechen wollte. Die Clips waren Anfangs noch ganz gut, werden wegen der immer geringeren Reichweite aber zunehmend amateurhafter, weil das Budget für Videos von den Plattenfirmen immer mehr gekürzt wird. Einzig das letzte Musikvideo von Michael Jackson - Thriller - stach positiv heraus und erfreute sich großer Beliebtheit.

Heute befindet sich MTV in der Abwärtsspirale. Die Zuschauer laufen davon, das sendefähige Videomaterial nimmt immer weiter ab und Werbekunden bleiben aus. Mittlerweile werden schon massenweise alte Rod Stewart-Videos gezeigt, einfach weil man sich was besseres nicht mehr leisten kann. Zuletzt haben dem Elend weltweit gerade noch 800000 Menschen zugeschaut.

Goodbye MTV.


Du wolltest immer nur Geld verdienen. Das Schöne, was manchmal dabei herauskam, war nur ein angenehmes Nebenprodukt. Du hast es verdient zugrunde zu gehen. Du bist der Inbegriff für Musik als Ware. 

Es ist ein Dilemma mit dem Kapitalismus und der Kunst. Sobald monetäre Interessen und künstlerischer Ausdruck zusammenfallen, wird die Kunst fast unweigerlich korrumpiert. Es gibt scheinbar Ausnahmen, wie bei Amanda Palmer, Angelika Express oder Radiohead, aber letztendlich müssen auch die davon leben und richten ihre Kunst danach aus, nur auf eine sympathischere, direktere Art. Die Jagd nach Quoten und Werbegeldern ist Gift für die Kunst. MTV hat den Weg konsequent weitergedacht und die Musik gestrichen, weil sie nicht genug Geld bringt und der durchschnittlich dumme Teenager lieber mit dem seelenlosen Soap-Quatsch zugeballert werden will. 

Gut, das Medium Fernsehen ist einfach überflüssig geworden, dafür kannst du nichts. Aber dass dir Kunst nichts bedeutet wird dadurch bewiesen, dass du ohne mit der Wimper zu zucken wirklich gute Formate eingestellt hast, sobald sie monetär keinen Sinn mehr machten, anstatt sie durch gewinnbringendere Formate quer zu finanzieren. Aber das hätte ja das jährliche Wachstum und die Gewinnerwartung geschmälert...

Das Kapital der Begabung ist unendlich viel höher als das des Geldes.

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