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Freitag, 26. Oktober 2012

Album für Album: The Kinks - Face to face (1966)

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Ich möchte über die Musik der Kinks schreiben, sitze vor dem Berg an Material und weiß nicht wie man die ganzen Gedanken dazu in einen gut lesbaren Fließtext verwandelt bekommt. Es gibt zuviel – z.B. die vielen grandiosen Alben aus den 60ern, von dem jedes anders klingt und es oft an wundervollen Ideen übersprudelt. Es gibt diverse theatralisch aufgebaute Konzeptalben aus den 70er, über Vergänglichkeit, Schule und Star-Dasein, die viel zu selten gewürdigt werden, obwohl sie mitunter fantastisch sind. Da ist noch die Stadionrockphase Ende der 70er, Anfang der 80er und ab Mitte der 80er das durchwachsene, meist ignorierte Spätwerk, welches aber doch ab und an Highlights bietet. Deswegen möchte ich meine Gedanken und Empfehlungen zu den 24 Studioalben einfach in chronologischer Reihenfolge niederschreiben, mit der Hoffnung dass einige LeserInnen den ein oder anderen untergegangenen Schatz für sich entdecken.


Wie bei den Vorgängern muss man hier auch mit dem anfangen, was nicht auf dem Album ist, weil es exklusiv für Singles verwendet wurde. In dem Fall zwei echte Kinks-Smasher. Der eine ist 'Dedicated Follower Of Fashion'. Das Lied macht sich über Modeidioten lustig und hat einen hohen Unterhaltungswert. Der andere Smasher ist 'Dead End Street' – zweifelsohne eines der Kinks-Meisterwerke. Nun haben sie es raus, die Themen werden vielseitiger und die Kompositionen haben sich komplett vom Rhythm and Blues Schema gelöst. Zu 'Dead End Street' wurde sogar ein Musikvideo gedreht, so ziemlich das erste seiner Art. Außerdem stammt aus den Sessions noch 'Mr. Pleasant', so eine Art Alternativversion von 'Well Respected Man', die erstgenanntem Lied in ihrer scharfzüngigen Beobachtungsgabe nicht nachsteht.

Ich schwärme schon die ganze Zeit, dabei bin ich noch nicht einmal beim Album! Gut, das Album. Sensationell! Es gibt viele Soundeffekte, wunderbare Kompositionen und zum ersten Mal eine reichhaltige Themenauswahl. Sogar das Wort Konzeptalbum fällt ab und an:
Manche Kritiker betrachten Face To Face als erstes Konzept-Album des Rock and Roll: Nicht von Liebe und Leidenschaft handeln die Lieder, sondern von den Ängsten, Nöten und Träumen der britischen Mittelschicht. Themen, die von Ray Davies auch in den folgenden Jahren in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt wurden. In den Texten voller Ironie und Spott, aber auch einfühlsam und melancholisch beschreibt Ray Davies unter anderem die Nöte von Eltern mit ihrer rebellischen Tochter („Rosie Won't You Please Come Home“, gemeint ist seine Schwester gleichen Namens) oder die Selbstbezogenheit und Heuchelei des etablierten Bürgertums („A House in the Country“)[...] - Wikipedia zu 'Face to face'
Auf der ersten Seite wird man mit einem klingelndem Telefon und einem Lied über die Sinnlosigkeit von Telefon-Partyhotlines begrüßt, und am Beginn der B-Seite rauschen Strandgeräusche, welche in
ein Lied über Fake-Native-All-Incl-Urlaube eingeführen.
Die Bandbreite des Albums reicht von Existentialismus, über Unfähigkeit mit Geld umzugehen bis zum Dandytum. Es eröffnet sich eine ganz neue, bunte Welt im Kinks-Universum. Das besagte Lied über Dandys hat einen herrlichen Humor, genau wie eines der bekanntesteten Kinks-Stücke überhaupt – 'Sunny Afternoon'. Dieses Album, dieses wunderbare Gesamtkunstwerk aus Experimenten, Eingängigkeit, wundervollen Ideen, Emotionen und Humor ist eines der ganz großen Alben der Popmusikgeschichte. Natürlich, die Beatles brachten zu selben Zeit Rubber Soul und Revolver heraus - darauf ist ebenfalls eine Sitar zu hören, und auf die auch diese Beschreibung passen würde, doch finde ich die Gesamtkomposition von Face to Face fast sogar einen Hauch besser. Angesichts der monumentalen Bedeutung und Vollkommenheit von Revolver natürlich eine steile These, ich weiß, aber die Kinks haben diese Würdigung einfach verdient.

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