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Freitag, 12. September 2014

Musik und Nebenwirkungen: Forever Young. Oder: Liebe Musikschaffende, versucht bitte in Würde zu altern.

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Ok, eigentlich ist das würdelos. Aber die Beach Boys bekommen eine Ausnahmegenehmigung,
weil der Umstand ansich doch schon recht spektakulär war.
Es wäre höchst unfair Personen des öffentlichen Lebens nicht die gleichen absurden Alterungsreflexe zuzugestehen, die auch der unbekannte, vor sich hin alternde Mensch hat. Der gewichtige Unterschied ist: Privat vor dem Spiegel sind gekränkte Eitelkeiten und zunehmende falsche Selbstbildnisse gut versteckt und die Umgebung konfrontiert den Menschen nicht permanent mit dem früheren Ich.

Sollte hingegen im jugendlichen Alter bis sagen wir mal 30 eine Berühmtheit ausgebrochen sein, so entsteht im Laufe der Jahrzehnte häufig ein ernstes Alterungsproblem. Keine Probleme hat man natürlich wenn man 1985 Element of Crime gegründet hat und noch nie etwas mit Jugendkultur zu tun hatte. Schwieriger wird es, wenn sich der Gründungsgedanke explizit auf jugendkulturelle Bewegungen stützt. In der Musik sind natürlich insbesondere Rock'n'Roll und Punk berüchtigt für die heikle Frage nach dem Verlauf der geistigen und körperlichen Entwicklung.
Der Vorgang, eine Jugendkultur konservieren zu wollen, hat schon etwas skurriles an sich. Es funktioniert sogar (oft) in finanzieller Hinsicht, da sich immer ausreichend gleichgesinnte Menschen finden, die sich über ihre konservierte Jugend freuen. Das sind dann wohl vornehmlich jene Personen, die im Badezimmerspiegel immernoch den agilen Twen mit vollem Haar sehen.
Möchte man als Kunstschaffender nicht an dieser Stelle verharren, so gilt es entweder bei jeder neuen Spielart der Jugendkultur mitzumischen, auch wenn das mit zunehmendem Alter und Bauchumfang peinlicher für alle Beteiligten wird. Oder man emanzipiert sich von den Aspekten im Schaffen, die durch die schiere Neuheit bzw. Jugendlichkeit das ganze mal interessant und spannend gemacht haben. Man kann nämlich auch Tocotronic sein.
(Oder man nimmt es humoristisch, anders ist das 'Verschwende deine Jugend Konzert 2014' von DAF und Fehlfarben nicht zu erklären.)

Sicherlich hat an dieser Stelle jeder die ganze Palette an Beispielen vor Augen, von mahnend bis vorbildlich. Uns kommt zu Gute, das Jugendlichkeit sich immer schneller in neue (alte) Ausdrucksformen wandelt. Bei dieser Geschwindigkeit gibt es zukünftig nicht mehr den Rock'n'Roller, der 1957 mal hip war und deswegen bis heute Rock'n'Roller ist (ja, das passt jetzt nicht nur zufällig auf Peter Kraus). Man wird mehr mit dem Strom schwimmen müssen, wenn ewige Rebellion der Markenkern sein soll. Klingt anstrengend, aber manch eine/r mag ja Herausforderungen im Leben. Mir sind Kunstschaffende am sympathischsten, die keine auf Geburtsjahr oder Alter basierende Zielgruppe haben, sondern sich davon loslösen können.

Das soll nicht so klingen als wäre es nötig Jazzer zu werden, sobald die 60 überschritten sind. Es soll vielmehr der Wunsch sein, mal einen Schritt aus dem Verwertungskreislauf heraus zu treten und zu schauen was übrig bleibt, wenn 'Zeitgeist' und 'Neu' abgezogen wird. Eine klassenlose Gesellschaft ist eine schöne Utopie, aber eine alterslose ist mindestens genauso verheißungsvoll.

Danke für die kostbare Lebenszeit bis an diese Stelle. Sollte der Eindruck entstanden sein sie sei verschwendet worden, dann mag das sein. Aber wenigstens das haben wir dann mit vielen berühmten Anlaufstellen im WWW gemeinsam.


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