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Dienstag, 6. September 2016

Musik und Nebenwirkungen: Zivilschutzkonzept, oder warum wir von der Tante Pop eindeutig die besseren Panikbeauftragten wären

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Panik in Deutschland! Menschen bevorraten sich, weil die Regierung sagt, dass Bevorratung für 10 Tage eine echt clevere Sache ist. Selbst Hamsterwitze sind schon ausverkauft, und auf keinen Fall den Dosenöffner vergessen!

Stromloser Musikgenuss, aber nichts
für Fans aktueller Chartsmusik ©sdtb
Nein, zum Glück scheint diese kleine Sommerlochepisode nicht auf nennenswerten Widerhall in der Bevölkerung zu stoßen. Der Fehler in der kalten Bürokratendenke springt förmlich ins Auge, außer natürlich den Hamsterexpert*innen, die dieses Panikpamphlet zu verantworten haben. Was will ich denn mit ausreichend Konserven für einen nuklearen Winter bis 2045, wenn ich in meinem ungemütlichen Bunkerkeller sitze, mit mir vielleicht noch die nervtötenden Nachbarn oder gar die eigenen nervtötenden Kinder, und ich vor lauter strammem Gehorsam nebst der ganzen Tütensuppen keinen Kulturnotfallrucksack geschnürt habe? Wieso wurde das vergessen?! Was machen die Eskalationsbeauftragten der Regierung, wenn der Strom fürs Smartphone nach wenigen Stunden zur Neige geht? Ja, richtig, das Kurbelradio. Aber hat von denen jemand mal in den letzten zwanzig Jahren Radio gehört? Das ist doch nicht zu ertragen! Dieselbetriebener Generator und feinster Musikgenuss mit dem eigentlich im Bunkerkeller zwingend benötigten High-End-Thorens-Plattenspieler schließen sich ebenfalls aus.

Wir müssen deshalb das ‚Zivilschutzkonzept‘ dringenst um die Abteilung ‚Kulturelle Notversorgung‘ ergänzen. Früher tat es bereits ein Grammophon. Einfach kurbeln und genügend Ersatznadeln bereit halten, und schon steht der stromlosen Konservenmusik nichts im Wege (siehe Führers letzte Geburtstagsparty 1945). Die zur Verfügung stehende Musikauswahl mag nur leider nicht mehr die Jugend in ausreichendem Maße begeistern, und Die Lochis werden wohl auch nicht auf Schellack veröffentlichen.
Wichtig ist, digitale Musik separat vom Smartphone mitzuführen. Der gute alte MP3-Player bietet viel Musik für wenig Strom, und es kann fröhlich geshuffelt werden, bis der erste Nervenzusammenbruch bei der 300. Wiedergabe von 'Yellow Submarine' unvermeidlich ist. Die Notfallspeicherbefüllung (im Voraus!) sollte also ebenfalls sehr sorgfältig geplant werden. Wir werden der Bundesregierung entsprechende Listen zur Verfügung stellen, aber Belle & Sebastian geht sicherlich immer. Das Problem mit der stromfressenden Wiedergabe durch ein Bose-Soundsystem haben wir noch nicht abschließend gelöst, aber letztendlich wird es darauf hinauslaufen, dass jemand auf dem stromerzeugenden Hometrainer strampeln und konsequent zu 100 Watt gepeitscht werden muss.



Ein zusätzlich einzuplanender Weg aus der Misere ist die gute alte händisch erzeugte Musik. Hier sind im Notfall natürlich kleinere Instrumente zu bevorzugen. Königin der Notfallinstrumente ist zweifelsohne die Ukulele. Mit nur vier Saiten ist sie auch für nur rudimentär begabte Menschen erlernbar, und es kann jedes Lied der Welt gespielt werden, zumindest mit viel Fantasie und Leidensfähigkeit der Zuhörenden. Diese würde bei Blöckflöte und Melodica, obwohl handliche, formschöne Instrumente, zu sehr strapaziert auf Dauer. Die Notfallprofis bilden natürlich eine Bunkergemeinschaft, und haben Equipment für eine ganze Band im Schlepptau. Die Anwesenheit der Flöte bliebe dann allerdings trotzdem eine latente Gefahr der nervlichen Eskalation. (Ich stelle mir gerade vor, wie die erste mit Menschen bestückte Rakete zum Mars startet, und nach ein paar Minuten zieht jemand eine Blockflöte hervor und sagt: „Schaut was ich geschmuggelt habe! Ich habe mir vorgenommen in den nächsten sechs Monaten Flöte zu lernen. Zeit ist ja genug, so 5-6 Stunden täglich.“)

Was im Ernstfall nicht vergessen werden darf – ohne Internet müssen Noten, Texte und Akkorde in Papierform mitgebracht werden. Auch dieser Punkt fehlt sträflich im Zivilschutzkonzept. Mindestens zwei Bücher mit allen unerträglichen Hits der Menschheitsgeschichte sind Pflicht. Kopfhörer, Ohrstöpsel und Vuvuzela gehören auch noch ins Gepäck, um sich vor allzu schiefen Darbietungen aller Nena-Hits zu schützen oder sich auch mal wehren zu können.

Bisher haben wir uns nur um die kulturelle Versorgung mit Musik gekümmert, und schon jetzt ist der Rucksack bedenklich voll. Noch keine Rede war von der unverzichtbaren Versorgung mit Literatur (ca. 15Kg + 5Kg leere Tagebücher + Textmarker in allen Neonfarben), Malerei (was wiegt so eine Staffelei + 10 Leinwände + Bob-Ross-Farbpalette?), Theater (ein paar Kostüme, Papier+Kleister, Intendant*in), Tanz (riesiger Spiegel) und Bildhauerei (Marmorklotz).
Das ist doch ein wenig unpraktisch, und bisher haben wir nur für 10 Tage geplant!

Es wäre weitaus einfacher auf Notfälle und Kriege zu verzichten. Bei der Einreichung der Notkulturlisten beim Ministerium werden wir das als kostengünstige Alternative vorschlagen.

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